Schiff (fast) gekauft!

Addicted im Kran

Nun hätten wir es fast getan!

Wir sind früh unterwegs. Um 10 Uhr treffen wir den Gutachter bei Jouke in Sneek. Wir kommen gut durch und stehen pünktlich bei Jouke vor der Tür. Der Gutachter ist noch nicht da. Jouke bittet uns herein und führt uns in seine große Wohnküche. Und da liegt SIE! Neben einer fetten 45er (oder 46er) Bavaria.

die Addicted bei Jouke am Steg

Der Gutachter, ein sehr sympathischer Mensch, kriecht mit mir in jede Ecke. Noch bin ich total euphorisch und würde eigentlich gerne den Kaufvertrag schon unterschreiben.
Doch wie Ihr sicherlich schon ahnt, findet der Gutachter ein paar Mängel (die ich in meiner Euphorie und Unwissenheit total übersehen habe). Die Schapps sind, freundlich ausgedrückt, feucht. Wie sich bei der weiteren Untersuchung herausstellt sind wohl alle Relings-Stützen lose. Auch in der Bugkabine dringt Wasser ein. Ursache ist hier ein total verrotteter Ankerkasten. Und wenn man sich die Süllkante einmal genau anschaut, sieht man viele Dellen von mehr oder weniger heftigen Kollisionen. Auch der Rumpf hat viele tiefe Kratzer.

Diese Schäden sind alle nicht strukturell (bis auf den Ankerkasten, da muss ein neues Fundament einlaminiert werden (damit kein Wasser mehr in die Bug-Kabine gelangt und vor allem, damit man eine elektr.. Ankerwinsch montieren kann). Doch auch so summieren sich die vom Gutachter als Mängel eingestufte Schäden auf mehrere Tausend Euro.

Wir reden über das Ergebnis mit Jouke und hoffen auf eine angemessene Beteiligung von seiner Seite. Wie ich später erfahre, ist dies normalerweise Bestandteil eines nach HISWA aufgesetzten Kaufvertrages. Schließt man einen Kaufvertrag nach Vorlage der HISWA ab, muss sogar der Verkäufer die Kosten der Reparatur (bis zu einem festzulegenden Prozentsatz vom Kaufpreis) komplett übernehmen.

Doch Jouke schaltet auf stur. Wir könnten die Addicted zum festgelegten Preis kaufen. Oder nicht. Ihm ist das egal. Wir tun uns schwer, diese „Kröte“ zu schlucken. Hinzu kommt, das Jouke uns sehr deutlich zu verstehen gibt, das die Addicted nicht hinter seinem Haus liegen bleiben sollte. Er befürchtet Stress mit seinen Nachbarn. Immerhin liegen nun 2 Yachten an seinem Privat-Steg.

Mona und ich diskutieren lange, ob wir die Addicted noch aus dem Wasser heben sollen. Immerhin ist dies mit einigen Kosten verbunden. Wie ich später erfahre, kostet mir die jetzt folgende Aktion über 400 Euro. Und wie ich nach ein paar Tagen feststellen muss, mache ich das nur, weil ich unbedingt ein Schiff haben möchte. Dabei habe ich es schon vorher gefunden. Doch der Reihe nach.

Ich entscheide: Wir fahren mit der Addicted zum Kranen. Und zwar nach Jansma, dem Bavaria-Dealer in Sneek. Hier kennt man sich mit Bavarias aus und wenn ich Jouke richtig verstanden habe, hat er die Addicted auch vor knapp 16 Jahren hier gekauft.

dav

Der Gutachter übernimmt das Kommando und ich finde mich in der Rolle eines Matrosen wieder. Bis nach Jansma sind es nur ein paar Meter. Unterwegs erreicht mich der Telefonanruf eines sehr verärgerten Werftbesitzers. Ursprünglich wollte ich bei ihm kranen, doch Jouke und auch der Gutachter haben mich überzeugt, besser bei Jansma zu kranen.

Jetzt geht es schnell. Kaum ist die Addicted unter dem Kran wird sie auch schon aus dem Wasser gehoben. Man sieht deutlich, das in den letzten Jahren kein Antifouling gestrichen wurde. Der Kiel ist sehr verrostet (angeblich ein Bavaria-Problem). Allerdings kann ich keinen Bewuchs, bis auf eine Schicht Schleim, feststellen. Allerdings entdecken wir noch eine Beschädigung am Saildrive. Hier fehlt etwas und die Anode sitzt nicht mehr fest, sondern schlackert auf der Welle. Ein weiterer Mangel, den wir auf unsere Koten beheben müssen.

Ich rede mit Jansma über die Möglichkeit, die Addicted hier ins Winterlager zu stellen. Dies ist kein Problem. Platz ist noch frei. Ein weiterer Wermutstropfen: Man darf hier nicht selber am Schiff arbeiten. So ist es auch verboten, selber Antifouling zu streichen. Das darf nur die Werft machen. Und lässt es sich sicher gut bezahlen.

Und obwohl in meinem Kopf die Summe immer größer wird und ich mich frage, wie wir das alles bezahlen sollen, gebe ich den Auftrag, die Addicted ins Winterlager zu bringen. Und fahre mit Mona nach Jouke und unterschreibe den Kaufvertrag.

Letzter Blick auf die Addicted

Doch schon jetzt fühlt es sich nicht richtig an. So wirkliche Freude, endlich stolzer Eigner einer schicken Bavaria 36 cruiser zu sein, stellt sich nicht ein.

Wir feiern den Kauf der Addicted im La Gondola
Wir feiern den Kauf der Addicted im La Gondola

Trotzdem feiern wir den Kauf der Addicted im La Gondola. Ich mit einem sehr guten Stück Fleisch, Mona mit einer Pizza (die ihr leider nicht schmeckt). Ein Omen?

Zuhause grübel ich die nächsten 3 Tage und Nächte darüber nach, ob die Addicted wirklich das richtige Schiff für uns ist. Und nach einer weiteren schlaflosen Nacht komme ich zusammen mit meinem Schatz zu dem Entschluss: Nein, das ist sie nicht! Gottseidank haben wir im Kaufvertrag vereinbart, das wir beide innerhalb von 14 Tagen ohne weitere Kosten vom Vertrag zurücktreten können. So schreibe ich Jouke eine Mail.

Die Antwort überrascht mich ein wenig. „Alles klar, Du kannst sie ja Ende des Jahres immer noch kaufen.“ Das ist auch die vorletzte Mail von Jouke. Die letzte bekomme ich, als ich ihm per Mail mitteile, das er, wenn er das erstellte Gutachten haben möchte, sich an den Kosten beteiligen soll. Seine Antwort zu zitieren spare ich mir hier.

Jetzt muss ich nur noch Jansma informieren, das ich die Addicted doch nicht kaufe. Prompt bekomme ich eine Rechnung über 422 Euro für das Kranen und das Bewegen ins Winterlager. Auch das Reinigen vom Rumpf lässt sich Jansma sehr gut bezahlen.

Ich verbuche die Kosten für das Gutachten, die Fahrt nach Sneek und das Kranen inkl. Nebenkosten unter Lehrgeld, das man wohl bezahlen muss.

2 Kommentare

  1. Schöner Beitrag, hat mich an unsere Suche nach „unserer“ 36´er erinnert. Insgesamt waren es glaube ich 12 Schiffe die wir besichtigt haben. Viele sind sofort durchgefallen, 2x haben wir eine Anzahlung geleistet, 2x nach Gutachtertermin vom Kauf zurückgetreten und Anzahlung zurückerstattet bekommen. Bei der ersten wurden 3 Jahre gewerbliche Nutzung verschwiegen, was beim MWSt-Nachweis auffiel und die 2. hatte am Heck eine undichte Rumpf-Decksverbindung (zum Glück regnete es beim Gutachtertermin). Wir hatten schon aufgegeben als dann völlig unerwartet ein neues Angebot aufpopte. Wohl ein „Scheidungsschiff“, zumindest hatten wir den Eindruck. Damals 12 Jahre alt, 1. Hand, knapp über 500 Motorstunden und unter 3.000 sm auf der Logge und so sah sie auch aus. Laut EignerIn hat der Eigner mehr geputzt als gesegelt… 🙂 gut für uns, wir haben zugeschlagen. Der Gutachter hat nur ein paar Kleinigkeiten gefunden und wir hatten bis heute keine großen Reparaturen, nur ein paar Nachrüstungen, denn sie war ziemlich „nackt“.

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